Donnerstag, 28. Januar 2016

Ein Prozent: Plattform für die deutschnationale Erweckungsbewegung

„Ein Prozent für unser Land“, die AfD, Pegida und die „Burschenschaft Germania Köln“ - Es herrscht Bewegung im rechten Block.

Wir kennen Pegida, Hogesa, die AfD, die Pro-Parteien, die Identitären, die NPD, die Rechte, die Republikaner, den Dritten Weg, Widerstand-NRW, Widerstand Ost, Widerstand West, Deutscher Widerstand, Burschenschaften, Kameradschaften, Infidel, Endgame, Pegada, die German Defence League, die Montagsmahnwachen, die Reichsbürger und seit Neuestem auch überall Bürgerwehren und dutzende andere reaktionäre, völkische und nationalistische Gruppen.
Immer wieder gab und gibt es Versuche sich neu zu strukturieren, eine gemeinsame Plattform zu finden - aber zwischen völkischem Aufstand in ostdeutschen Provinzen, dem Nationalismus etablierter rechter Parteien und autonomen weißen, männlichen Rocker-Hool-Türstehern, die einfach weiß, autonom und patriarchal sein wollen, gab es bisher wenig Absprache. Aber sie formieren sich. Sie formieren sich immer erfolgreicher.

Jetzt soll es eine NGO für die rechten "Graswurzelrevolutionen" geben, wie Jürgen Elsässer sie nennt. Ein "Greenpeace" statt gegen organisierten Raubbau an der Natur eine NGO für den Volksaufstand. Und damit hat auch die AfD und eine Kölner Burschenschaft zu tun.
1%, das sind 800.000 Deutsche, rechnen die Initiatoren vor. Das wäre dann eine NGO größer als Greenpeace oder die anderen "Gutmenschen-Organisationen". Es könnten Busse organisiert, Merchendise produziert, Flyer erstellt und andere monetäre Hintergrundarbeit geleistet werden. Auch die rechten Medien könnten sich besser vernetzen und mehr rechte Aktivist*innen erreichen. Vor allem noch Unpolitische oder Politikverdrossene könnten abgeholt und indoktriniert werden.

Prominenter Vordenker: Verschwörungsideologe Jürgen Elsässer
Neben Jürgen Elsässer, Chefredakteur der Querfront-Zeitschrift "Compact", ehemaliger Linker und Mitgestalter der Montagsmahnwachen, sind auch Staatsrechtler und Euro-Gegner Professor Karl Albrecht Schachtschneider, Islamwissenschaftler und AfD-Rechtsaußen Hans-Thomas Tillschneider („Patriotische Plattform“ innerhalb der AfD), sowie nicht zuletzt der Verleger und Publizist Götz Kubitschek Federführer des Vorhabens.

Auf Kubitscheks Rittergut in Sachsen-Anhalt befindet sich das "Institut für Staatspolitik" (IfS), welches laut eigenen Angaben viel Kraft in die Pegida Bewegung investiert hat. Das IfS ist außerdem eng mit der "Jungen Freiheit" verbunden. Laut Historiker Volker Weiß sieht man eine Parallele zum völkisch-nationalen Lager in der Weimarer Republik in Betrachtung von Junger Freiheit und IfS, gleichzeitig passt das auch mit den parallelen Entwicklungen der AfD zusammen. Der Verfassungsschutz sieht in dem Institut für Staatspolitik, welches seit dem Mai 2000 existiert, keine Bedrohung und beobachtet es nicht.

Auch stark in der neuen "NGO" vertreten sind die Germania Burschenschaften. So ist Philip Stein Schriftführer von der Marburger Germania Burschenschaft und eng mit dem Gründungskreis der "EinProzent"-Bewegung vernetzt. Er schreibt in vielen nationalistischen Zeitschriften, beispielsweise in der "Blauen Narzisse". Er ist als Besucher internationaler nationalistischer Kongresse aufgefallen und hat gute Kontakte ins Ausland.
Als Sprecher für die "EinProzent"-Bewegung trat zuletzt Fritz Hoewer, Fechtwart der Burschenschaft Germania Köln und ehemaliger Verbandsobmann für Nachwuchsarbeit und Sport der Deutschen Burschenschaften, am 23.01.16 in Stollberg auf. Er schreibt ebenfalls in der "Blauen Narzisse". Man bekommt einen Eindruck, wie tief der Rassismus bei ihm verinnerlicht ist, schimpft er darüber, man dürfe „bettelnden Zigeunern und schwarzen Händlern“ keine Marktlizenzen geben. Es steht in seinen "Römischen Tagebüchern", die er in der "Blauen Narzisse" veröffentlichte, als er Burschenschaftler in Italien besuchte.
Hoewer ist für eine aktive Burschenschaft und lässt sich gerne zu emotional aufgeladenen Texten bewegen, die allerdings von Burschenschaften auch so veröffentlicht werden. So schrieb er in einem Brief, der zum Burschenschaftstag 2014 veröffentlicht wurde
„Burschenschafter sein, das ist per se ein Akt des Widerstandes. Widerstand, gegen die verblödete, identitätslose und entortete Dekadenzgesellschaft unserer Zeit. Wer sich uns anschließt, der tut dies als Akt der Loslösung von eurer rosaroten Trümmerlandschaft. Und als Fanal des Anstürmens gegen jenen neofeudalen Meinungsbrei, den Spießer deines Kleinkalibers der trägen Masse verdorbener Konsumjunkies jeden Tag gegen den Kopf schlagen. (…) Wenn die pickligen Gammelstudenten – die mit den steilen Antifa-Merchandisingprodukten auf der Wollmütze – plötzlich die „Burschis“ sehen. Ich erfreue mich noch heute daran, wie doof die Lutscher von der Antifa und den zahlreichen „Linken Listen“ stets geglotzt haben, wenn wir in der Uni Werbung und Informationsbroschüren verteilt haben. Wie sie sich aufregen, aber nichts tun können und Angst haben, weil kein Transparent und kein „Bullenschwein“ zwischen uns und ihnen stand. Weil sie gesehen haben, daß die „peinlichen Cayenne - fahrer“ aus dem Reihenhaus plötzlich viel dickere Oberarme haben als sie selbst und ja gar nicht solche Muttersöhnchen sind, wie der „Burschireader“ prophezeit hat. Dann wird nur feige nach Hilfe telefoniert und – in sicherer Entfernung – das Flugblatt zerknüddelt. Demonstrativ! Ui ui uiuiui! (…) 200 Jahre Burschenschaft lachen über dich und die anderen linken, grünen, roten, progressiven, zeitgemäßen, globalisierten, integrierten, schlecht frisierten Verlierer. Wir sind die freien, deutschen und jungen Männer. Uns gehört die Zukunft! Wenn auf deinem Grab nur noch Vogelkot klebt, singen wir unsere Lieder immer noch.“
Die Burschenschaft Germania Köln ist durch diesen Faschisten also in der "EinProzent"-Bewegung und sowohl mit dem Institut für Staatspolitik vernetzt, also auch mit Pegida und leistet die geistige Vorarbeit für die Brandstifter auf der Straße.
Aber die Burschenschaft Germania Köln ist auch für ganz andere Aktivitäten bekannt. Die Vorträge im Haus in Bayenthal fungieren geradezu als Pilgerstätte namhafter Politiker*innen von CDU/CSU, SPD, FDP und auch Grüne. Unter ihnen sind Rainer Brüderle, Klaus Kinkel (beide FDP), oder die Grünen abgeordnete Gunda Röstel. Nicht häufig treten Kameraden der Kölner Burschenschaft offen auf. Das es jetzt, kurz nach den Silvesterereignissen in Köln und in dieser Struktur passiert, ist ein klares Zeichen, dass sich die Burschenschaft nicht aus dem Spektrum der Neonazis heraus bewegt hat, vielmehr, dass sie sogar die Proteste in Deutschland mitorganisieren und gleichzeitig weit in die bürgerliche Politik hineinreicht.

Mit Hans-Thomas-Tillschneider von der „Patriotischen Plattform“ (PP), die aus Mitgliedern der AfD besteht, hat „EinProzent“ einen parlamentarischen Finger am Arm der AfD. Wie groß der Einfluss der PP innerhalb der AfD genau ist, ist nicht bekannt, allerdings werden mehrere hundert Mitglieder und Sympathisant*innen in Sachsen und Bayern vermutet, die sogar zum Sturz Luckes führten, da seine liberal-konservative Linie nicht zu den Bewegungen „auf der Straße“ passten.
Außerdem sei der Islamwissenschaftler der Universität Bayreuth von den Legida-Veranstaltern gebeten worden, beim Aufbau des Pegida-Ablegers in Leipzig zu helfen, sagte er in einem Interview mit der Zeit. Zuletzt sind am Feiertag des einjährigen Bestehens Legidas 250 Neonazis durch die linke Hochburg Connewitz gezogen und haben ganze Straßenzüge zerstört.
So vernetzt Tillschneider die derzeit laut Umfragen drittstärkste politische Kraft mit Faschisten.

Die Bildsprache des Onlineauftritts changiert zwischen Identitärer Bewegung und Orwell-Ästhetik
 
"Ein Prozent für unser Land" verfolgt ebenjene Strategie. Den rechten Rand unterstützen, aber gleichzeitig durch ihr Auftreten Akzeptanz oder gar Sympathien im bürgerlichen Spektrum suchen, das gemeinsame hervorheben. Da derzeit viele „politikverdrossen“ sind, ist eine NGO ein neuer Weg. Seit wenigen Monaten sind sie aktiv. Bei Facebook gab es dafür an die 14000 Likes. Laut eigenen Angaben fanden bereits Treffen mit Nationalisten aus Ungarn und Identitären in Frankreich und Österreich statt. Allgemein ist ihre Verbindung zu den Identitären und anderen international agierenden, nationalistischen Bewegungen und Burschenschaften stark. Zwischen den Burschenschaftlern Hoewer und Stein, dem Verschwörungsideologen Elsässer, dem AfD-Plattformer Tilschneider und dem rechten Strategen Kubitschek bildet sich eine intellektuelle Allianz, die den rechten Hinter- und Untergrund fördert und gleichzeitig enormes Kapital mitbringt und auch erzielen könnte.

Ein Gastbeitrag von Sebastian Amadeus Fröhlich (Pseudonym)