Montag, 12. Mai 2014

Abrechnung mit der Schönheitsindustrie

Anbei dokumentieren wir unseren Redebeitrag, der eigentlich auf der Demo vergangenen Donnerstag (08.05.2014) auf der Einfach TOP ohne Model Demo gehalten worden wäre, aber leider aus Zeitgründen gestrichen wurde.

Unsere Welt und unsere Wahrnehmung der Welt hängt ganz wesentlich mit Bildern zusammen, wir können sie sogar sehen, wenn wir die Augen schließen. Bilder von Dingen, die wir mögen oder auch nicht. Bilder von Menschen, die wir mögen oder nicht. Dinge von denen wir glauben sie zu kennen. Komplexe Phänomene, Werte, Normen, Erwartungen und so weiter. Auf einem Bild ist eine Frau. Vielleicht die aus der h&m Werbung. Sie hat makellose Haut, weiches glattes Haar, ist schlank und modisch. Sie schaut interessiert und zurückhaltend zugleich auf dem Plakat in der U-Bahn. So soll sie sein. Ganz bewusst stellt diese Frau ein Bild dar, was viele nicht erfüllen. Gleichzeitig wird es uns immer wieder als Norm oder erstrebenswert präsentiert. Das Ergebnis ist natürlich ein Minderwertigkeitsgefühl bei der Betrachterin.
Aber zum Glück gibt es ja Cremes von Clerasil und Nivea die nachhelfen können, Primemarkt liefert die passende Bekleidung und weil sie es sich wert sind von L'oreal noch die perfekte Frisur. Kurzum, all diese Produkte versprechen uns dem Ideal näher zu kommen. Schönheit ist eine Ware, die käuflich ist. Sie ist kein individuelles Empfinden, sondern genau wie in den letzten Jahrhunderten auch, eine gesellschaftliche Norm, ein Statussymbol und Druckmittel. Zudem gelten je nach Alter und Gruppenzugehörigkeit nochmal eigene Regeln – will man akzeptiert werden, dazugehören, passt man sich lieber an. Davon profitiert vor allem das kapitalistische System, was die Standards im monatlichen Takt minimal variiert, damit die Menschen wieder schoppen gehen können, um die Norm zu erfüllen, um den Personen auf den Werbeplakaten ähnlicher zu werden. 
Wie Freund*innen wird einem die neue Spülung präsentiert – jetzt glänzen meine Haare, probier es auch du. Das lässt man uns glauben, damit mehr Profit entsteht, der Umsatz gesteigert wird, damit der kapitalistische Verwertungsprozess immer weiter gehen kann. Mit Mobbing und Lästern, zwei sehr menschlichen Verhaltensweisen, tragen wir den Druck in unser persönliches Umfeld. Es liegt also auch an uns, mit diesem System der Unterdrückung von Individualität zu brechen.
Man könnte jetzt noch stundenlang über den gesellschaftlichen Anpassungsdruck reden. Aber ich möchte noch über ein anderes Bild reden – das des Models. Wenn der Express gestern über die drei Finalistinnen schreibt: dass sie auch mehr als drei Sätze geradeaus reden können, macht das deutlich: Models gelten als dumm oder dümmlich. Frauen, die mit ihrer Schönheit Geld verdienen, haben wohl keine anderen Stärken, heißt es. Das wird nicht selten auch auf Frauen allgemein übertragen. Frauen könnten angeblich nicht hübsch und schlau gleichzeitig sein – ganz im Gegensatz zu Männern. Daran sieht man sehr deutlich wie die Diskriminierung nach dem Äußeren, genannt Lookismus, mit der Diskiminierung nach Geschlecht, genannt Sexismus, einhergeht. Wir schließen vom Geschlecht und dem Erscheinungbild mal eben auf die Intelligenz – die graue Maus ist schlau, das Paris-Hilton-Double sicherlich strohdoof. 
Jede*r ist schön!
Ganz geschlechtsspezifisch wird es dann bei der Körperbehaarung. Männer mit rasierten Beinen gelten als schwul, Frauen mit Achselhaaren sind bestimmt frustrierte Feministinnen. Neulich wunderte sich ein kleiner Junge, der meine Achselhaare sah gar, dass Frauen dort überhaupt Haare wachsen. Woher kommen all diese Bilder? Diese abstrusen Vermutungen? Diese Diskriminierung? Ich kann es euch nicht beantworten. Wahrscheinlich aus der Gesellschaft selbst, denn es gibt sie schon sehr lange, lange bevor es Kapitalismus und Werbung gab. Doch auch wenn wir ihren Ursprung nicht kennen, können wir sie bekämpfen.
Show yourself, war die Topmodel-Werbung. Show yourself, um dich zu verkaufen, um anderen zu gefallen, um ins Bild zu passen. Ich sage auch show yourself, aber nicht zum Vergnügen von Gesellschaft und Kapital, sondern how you really are! Zeigt euch in eurer Schönheit. Definiert Schönheit als individuelle Freiheit. Jede*r soll sich schön fühlen dürfen, egal wie sie*er aussieht. Wir sind Menschen, also sind wir schön, und zwar jede*r so wie sie*er will. Machen wir uns frei von den Zwängen und zeigen allen, dass es auch ganz anderes Schönsein gibt, als das, was alle sein wollen. Und teilen wir diese Analyse mit anderen: Dass die Kategorisierung nach Frau und Mann, schön und hässlich nur dem Kapitalismus dient, der Bedürfnisse in uns weckt, nur um den Absatz zu gewährleisten.
Schönheit kann man nicht kaufen, denn jede*r hat sie schon.
weitere Impressionen: