Mittwoch, 1. Januar 2014

Polizei sollte mehr Grundgesetz wagen

Repression und Eskalationsstrategien¹  sind reelle Gefahren für die Demokratie

Wasserwerfereinsatz gleich zu Beginn des Eskalation trotz
niedriger Temparaturen. Quelle: indymedia

Leider mussten wir, die Linksjugend ['solid] Köln, am 21.12.2013 über die Medien erfahren, dass in Hamburg wieder einmal durch unnötige Polizeige-walt linker Protest behindert und kriminalisiert wurde. So finden sich auf Youtube zahlreiche Vi-deos, welche das unbegründete Eingreifen der Po-lizist*innen deutlich zeigen, sodass die Demo nach wenigen Metern bewusst eskaliert wurde. Doku-mentiert wurde aber ebenso die maßlose Poli-zeigewalt, unter anderem einen Radiomitschnitt vom Freiem Sender Kombinat 93.0 Hamburg,
in dem ein*e Anwohner*in berichtet, dass 30 - 40 Polizeibeam-te 7 Menschen jagten und eine*n von Ihnen so schwer traktierten, dass sie*er schließlich bewusstlos am Boden lag, während sich mehrere Polizist*innen in voller Montur auf sie*ihn warfen.

 Durch eine*n Polizei-Insider*in aus dem Polizeizentrum Alsterdorf kam nun zudem heraus, dass die auf Es-kalation hinarbeitende Polizeiaktion bereits von langer Hand geplant war. Wie die taz am 28.12. berichtete, sollen die Gesamteinsatzleiter Born und Dudde es nicht weiter ertragen haben, "dass die verhasste linke Sze-ne ungehindert für ihre Ziele laufen" und "'bewusst Kollateralschäden durch Ausschreitungen in Kauf genom-men“ worden".

 Bereits 2009, wärend des Schanzenfests in Hamburg, bei dem es häufig zu Gewalt kommt, sagte Dudde zu einem Einsatzleiter: "Heute fangen wir mal an. Haut mal schön rein" (taz,  Juli 2009). Dies führte auf Seiten der Demonstrant*innen und der Polizei zu vielen Verletzten. Dudde verteidigte den Einsatz damit, dass es in den Vorjahren ja schließlich stets Krawalle und Ausschreitungen gab.

 Doch nicht nur in Hamburg werden Linke ihrer Versammlungsfreiheit beraubt. Dass Putin und Erdogan den Polizeieinsatz lobten, sollte ein eindeutiges Warnzeichen für die Exekutive dieses Landes sein. Sie und den verantwortlichen politischen Repräsentant*innen fragen wir: Wie kann es sein, dass Nazi-Demos durch Blo-ckaden hindurch geprügelt werden und Demos, die die derzeitige EU-Politik oder Gentrifizierung kritisieren, im Vorhinein verboten oder in der Durchführung so massiv behindert werden, dass das Recht auf Versamm-lungsfreiheit de facto außer Kraft gesetzt ist? Bespiele gibt es zu Hauf: Aachen, Stuttgart mit dem Bauprojekt Stuttgart 21, Frankfurt am Main mit Blockupy Demo, Köln mit dem Flüchtlingstourbus, die Dresdner Funkzellenabfrage 2011 oder jetzt Hamburg.

Deshalb fordert die Linksjugend ['solid] Köln:
  • die namentliche Kennzeichnung von Polizeibeamten
  • die konsequente Durchsetzung der Versammlungsfreiheit
  • die Offenlegung der Polizeistrategie in Hamburg und Frankfurt sowie deren Legitimation in der politischen Führungsebene
  • Maßnahmen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit bei Polizeieinsätzen
  • unabhängige Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte
  • strafrechtliche Konsequenzen statt dienstinterner Strafmaßnahmen
Wir appellieren zudem an die Hamburger Bürgerschaftsfraktion der LINKEN, künftig von einem verklärenden Schulterschluss mit CDU, FDP, SPD und GRÜNEN abzusehen. Die letzte Presseerklärung im Vorfeld der Demo verkennt und verschleiert zum einen die untragbaren herrschenden Missstände in Hamburg, zum anderen kriminalisierten sie im Vorfeld und einseitig im Sinne der bürgerlichen Parteien jeglichen Protest von links, wodurch eine moralische Grundlage für das gewalttätige Vorgehen und das Beschneiden der De-monstrationsrechte von Seiten der Staatsgewalt erst gewährleistet wurde. Stattdessen wäre eine Mobili-sierung und kritische Auswertung seitens der Linksjugend ['solid] Hamburg, der LINKEN Hamburg² und des SDS wünschenswert gewesen.

Wir appellieren des weiteren an einen Teil der Aktivist*innen, nicht einem blinden Aktionismus gegenüber ei-nem übermächtigen Staatsapparat zu verfallen und rufen zur Besonnenheit auf. Gewalt schafft weder Solida-rität noch Freiräume!³

Nach unseren Idealen, würden faschistische Demonstrationen verboten, oder deren Blockade nicht kriminali-siert. Die Polizeit würde tatsächlich, wenn überhaupt nötig, Sicherheit gewähleisten, statt präventiv Demos zu überwachen oder gleich eskalieren zu lassen. Das Recht auf Versammlungsfreiheit sollte endlich wieder, ei-nem hohen Gut der Demokratie entsprechend, geschützt und gewahrt werden - eine Aufgabe, die maßgeb-lich dem Staat obliegen sollte, wenn er sich denn schon demokratisch nennt.

1 Was die Polizei seit Jahren als Deeskalation bezeichnet, empfinden wir als einzige bewusste Eskalation und Provokation.

2 Die Hamburger Bürgerschaftsfraktion der LINKEN hat sich mittlerweile zur Polizeigewalt geäußert, wobei wir dieser Presseerklärung anzumerken ist, dass es einen qualitativen Unterschied, zwischen staatlicher Gewalt und individueller Gegengewalt, nach einer solchen Eskalation gibt. Dies leistet die Presseerklärung nicht. Positiv anzumerken ist, dass sie in der Bürgerschaft Aufklärung verlangte.

Nein, nein, das ist nicht antiautoritär, sondern zutiefst totalitär und reaktionär!
Daher gilt unsere Solidarität, die dieser Auffassung sind, nicht!

Post Scriptum: Flora bleibt!